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Thüringen

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Foto: EthikBank

Sie wollten ein Zeichen setzen gegen die repressive Negativzinspolitik der

Europäischen Zentralbank (EZB) und die überbordende Kontrollbürokratie der

Europäischen Union, um so auf die existenzbedrohende Situation für mittel-

ständische Banken aufmerksam zu machen – und das ist ihnen auch gelungen.

Mitte März legten die Mitarbeiter der EthikBank ihre Arbeit nieder und demons-

trierten in Berlin gemeinsam mit ihrem Vorstand und einigen Kunden gegen

die immer schwieriger werdenden Rahmenbedingungen für kleinere und mitt-

lere Banken.

Aktion statt Reaktion:

EthikBank streikte

in Berlin

L

autstark und ideenreich machten

sie auf ihre Probleme aufmerksam.

Vor allem die Kontrollauflagen der Eu-

ropäischen Union und die damit ver-

bundenen Kosten ließen sich für Genos-

senschaftsbanken wie auch Sparkassen

kaum noch schultern.„Die Auflagen zur

Regulierung nehmen uns jede Flexi-

bilität im Arbeitsalltag“, sagt Thomas

Meyer, Prokurist der EthikBank.„Wir sind

fast mehr damit beschäftigt, unnötige

Papiere und Meldungen auszufüllen als

unsere Kunden zu betreuen.“ Zusätzlich

belastet die von der Europäischen Zen-

tralbank (EZB) zu verantwortende Ne-

gativzinspolitik zunehmend die Ertrags-

situation mittelständischer Banken.

„Setzt sich diese Geldpolitik weiter fort,

wird es nur noch eine Frage der Zeit

sein, bis Banken diese Negativzinsen

auch an Kleinsparer weitergeben müs-

sen“, blickt der Vorstandsvorsitzende

Klaus Euler in die Zukunft.

Dass sie die Situation nicht alleine än-

dern werden, ist den EthikBankern klar.

Deshalb verlegten sie ihren Protest vor

die Zentrale des Bundesverbandes der

Deutschen Volksbanken- und Raiffei-

senbanken (BVR) in Berlin. Von ihm

verlangen sie ein entschlosseneres Ein-

treten für die Interessen der Genossen-

schaftsbanken in Deutschland.„Mit dem

BVR haben wir eine starke Interessen-

vertretung, doch diese Stärke muss er

auch ausspielen“, sagt Euler. Aus Sicht

Eulers sei der BVR zwar bemüht, seinen

Mitgliedsinstituten banktechnische Lö-

sungen für die stetig steigenden He-

rausforderungen im Bankenumfeld an

die Hand zu geben. Dies reiche aller-

dings langfristig nicht aus, um die Exis-

tenz des genossenschaftlichen Banken-

modells dauerhaft zu sichern. Es seien

nun politische Antworten gefordert. So

müsse der Verband deutlich auf die

Schieflage in der europäischen Banken-

landschaft aufmerksam machen und

stärker agieren statt nur zu reagieren.

Im Rahmen des Treffens, über dessen

Inhalte im Übrigen Stillschweigen ver-

einbart wurde, übergab Klaus Euler des-

halb einen Forderungskatalog an den

BVR-Vorstand. Darin ruft er den Interes-

senverband zu öffentlicher Kritik an der

Geldpolitik der EZB auf und erwartet,

dass deren ökonomische und gesell-

die Krisen der Vergangenheit getragen

haben“, sagt Klaus Euler. Politiker müs-

sen erfahren, welcher Aufwand und

Druck beispielsweise durch überzogene

Offenlegungs- und Meldepflichten so-

wie durch unrealistische Umsetzungs-

fristen für regulatorische Anforderun-

gen entstehen.

Die Mitarbeiter der EthikBank fühlen

sich in ihrem Protest vor allem den

Werten der genossenschaftlichen Idee

in Deutschland verpflichtet: gemeinsam

etwas bewegen, gemeinsam Herausfor-

derungen bewältigen. Aus diesem

Grund wünscht sich ihr Vorstandsvor-

sitzender vom BVR eine stärkere Koope-

ration mit den Sparkassen. Diese Geld-

häuser leiden im gleichen Maß unter

der Überregulierung und der Negativ-

zinspolitik der EZB.„In dieser zugespitz-

ten Lage für Regionalbanken ist Kon-

kurrenzdenken zweitrangig“, sagt Klaus

Euler. (em/tl)

schaftliche Konsequenzen durch intensivere Öffent-

lichkeitsarbeit deutlich herausgestellt werden. Folgen

könnten zum Beispiel weitere Filialschließungen, Ne-

gativzinsen auch für Kleinsparer oder das Obsolet-

werden der Altersvorsorge einer ganzen Generation

sein. Nur so könne die Gesellschaft dafür sensibilisiert

werden, welche Folgen die politischen Entscheidun-

gen der EU und der EZB sowohl für die mittelständi-

schen Banken als auch für deren Kunden haben. „Wir

brauchen eine öffentliche Diskussion darüber“, machte

Klaus Euler deutlich. Darüber hinaus fordert er ein kla-

res Bekenntnis zum Erhalt und zur Stärkung des ge-

nossenschaftlichen Bankensektors in Europa seitens

der Politik.

Um das zu gewährleisten, braucht es eine maßvolle

und vor allem differenzierende Regulierungspolitik

der EU. Deshalb fordert der EthikBank-Vorstand von

seiner Interessenvertretung, auf politischer Ebene

stärker auf eine angemessene Regulatorik zu drängen.

„Berlin und Brüssel müssen immer wieder daran erin-

nert werden, dass das Risiko für Bankenkrisen von

Großbanken ausgeht und nicht von den Volksbanken,

die Deutschland, den Wirtschaftsmotor Europas, durch