Regional
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Foto: Lutz Ebhardt
Projekte der Stadt Gotha oder der
Stiftung Schloss Friedenstein mit briti-
schen Einrichtungen auf die Beine zu
stellen. Wenn dabei schöne Bilder und
gute Presseberichte entstanden sind,
dann ist das dieser Vorarbeit zu verdan-
ken. Die Familie der Windsors hieß bis
zum Jahre 1917 noch „Sachsen-Coburg
und Gotha“. Diese genealogische Ver-
bundenheit haben wir in den letzten
Jahren nicht nur historisch reflektiert,
sondern auch in das Stadtmarketing
eingebunden. Unsere Dachmarke „Gotha
adelt“ ist nicht nur inzwischen preisge-
krönt, sie unterstreicht die allumfassen-
de Wirkung Gothas als das Besondere.
Nicht zuletzt deshalb wird der Name
unserer Stadt in der italienischen oder
in der französischen Sprache für die
Beschreibung außergewöhnlicher Din-
ge verwendet. Diese Wechselwirkung ist
für uns, gerade auch für unsere Vorha-
ben auf internationalem Parkett, von
großer Bedeutung.
Das barocke Universum Gotha, die
geografische Lage als Tor zum Thürin-
ger Wald: Setzt Gotha voll auf Touris-
mus? Welchen Stellenwert hat der
Fremdenverkehr für Sie als Stadtober-
haupt?
Der Tourismus ist für Gotha ein sehr
wichtiger Standortfaktor. Wir profitieren
dabei in besonderer Weise vom allge-
meinen Trend zum Städtetourismus.
Während wir 2008 auf etwa 140.000
Übernachtungen stolz gewesen sind,
konnten wir im Jahr 2015 schon rund
160.000 verzeichnen. Das ist unter an-
derem auch das Ergebnis einer Reihe
von Großveranstaltungen und Tagun-
gen, die wir nach Gotha geholt haben.
Ich erinnere an den Thüringentag mit
dem Deutschen Schützenfest 2011, die
Europeade 2013, den Deutschen Phi-
latelistentag und den Deutschen Ge-
nealogentag, jeweils im Jahr 2015.
Diese Großveranstaltungen haben uns
viele Tages- aber auch viele Übernach-
tungsgäste in die 21 Hotels und Pen-
sionen gebracht. Ich weiß, dass viele
Besucher Gothas es nicht bei einem
Besuch belassen. Gotha wird vor allem
als eine Perle an der Klassikerstraße
wahrgenommen und wer das Flair der
Stadt einmal erlebt hat, kommt auch
gern wieder. Damit steht auch die per-
manent wichtige Aufgabe klar vor uns:
nehmen einen hohen Stellenwert ha-
ben und halten. Verlagerungsgedanken
nach Asien oder nach Osteuropa, die
diese langen Gothaer Traditionen wenig
berücksichtigen, müssen wir mit hoch-
wertigen Standortfaktoren begegnen.
Den Erhalt der Arbeitsplätze und die
Schaffung weiterer betrachte ich als die
wichtigste Aufgabe überhaupt.
Es heißt ja immer, die Politik könne
nur die Rahmenbedingungen für die
wirtschaftliche Entwicklung schaffen.
Auf welche Schwerpunkte setzen Sie
in Ihrer Wirtschaftspolitik?
Die Wirtschaftspolitik der Stadt Gotha
wird davon geprägt, optimale Rahmen-
bedingungen für die niedergelassenen
Firmen und für Unternehmensansiede-
lungen zu gestalten. Dabei spielen aber
auch die Möglichkeiten für das Wohnen
und das Niederlassen der Fachkräfte
mit ihren Familien eine außerordentlich
große Rolle. Wir arbeiten also mit allen
unseren Möglichkeiten an einer Attrak-
tivierung des Wohn- und Lebensstand-
ortes, um den einst prognostizierten
Bevölkerungsrückgang zu drosseln. Da-
mit haben wir in den vergangenen zehn
Jahren eine gute Bilanz erkämpft, denn
wir freuen uns inzwischen über Zuzüge
und eine gute Geburtenrate. Ein hohes
Niveau an kultureller Versorgung, der
Schaffung zahlreicher neuer Freizeit-
angebote mit dem Bau unserer neuen
Stadtbibliothek, eines neuen Stadt-Ba-
des und einer starken musealen Ent-
wicklung des „Barocken Universums
Gotha“ – all das soll den Wirtschafts-
standort Gotha für die Zukunft fit ma-
chen. Die Unternehmen können uns da-
bei zusehen, wie wir ihre Leistung in ein
gut aufgestelltes Gemeinwesen inves-
tieren.
Was hat Gotha investitionswilligen
Unternehmen zu bieten? Was sind
Gothas Stärken?
Gotha ist mit rund 45.000 Einwohnern
eine überschaubar große Stadt, die mit
ICE-Bahnhof und der Lage an der Bun-
desautobahn 4 optimal an die europäi-
schen Verkehrswege angeschlossen ist.
Wir verfügen über sechs Gewerbege-
biete im Stadtgebiet und entwickeln
gerade das Gewerbegebiet Gotha-Süd
weiter. Die kurze Autobahnanbindung
ist dabei selbstverständlich ein ganz be-
noch mehr die Aufmerksamkeit für Gotha wecken, also
diesen vorhandenen besonderen Charme unserer
Stadt noch stärker nach außen zu tragen.
Gotha hat auch eine reiche Industriegeschichte.
Welche Aspekte sind daran für Sie als heutiger
Oberbürgermeister besonders wichtig?
Den wohl bedeutendsten infrastrukturellen Impuls er-
lebte Gotha mit dem Anschluss an die Eisenbahnlinie
zwischen Leipzig und Frankfurt/Main im Jahre 1847.
Das führte innerhalb kürzester Zeit zu einer Reihe be-
deutender Firmengründungen. Damals entstand jene
Breite an Industrie, von der wir heute noch profitieren.
Gotha war damals wie heute nicht nur auf wenige kor-
respondierende Industriezweige festgelegt, sondern
entwickelte sich zu einem bedeutenden Standort der
Metallverarbeitung mit dem Karussell- und Waggon-
bau, zu einem Standort der Lebensmittelindustrie, der
chemischen und keramischen Industrie, der Holzver-
arbeitung, des Musikinstrumentenbaus und zu einem
großen Standort des Verlags- und Druckereiwesens.
Hier ist viel Pionierarbeit geleistet worden, das hat uns
oftmals in der ganzen Welt berühmt gemacht. Ich er-
innere dabei nur an den Perthes-Verlag, an den
Straßenbahnbau oder an die hochwertigen Musik-
instrumente aus Gothaer Produktion. Heute sind wir
gerade im Bereich der Fahrzeugtechnik und der
Automobilzulieferer an den traditionellen Standorten
mit großen international agierenden Unternehmen
aufgestellt. Wussten Sie, dass bei uns die größte
Bierabfüllanlage steht und die weltweit größte
Biegemaschine des Maschinenbaus in Gotha gebaut
worden ist? Für mich ist wichtig, dass wir hier im
Wettbewerb mit anderen Standorten dieser Unter-
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Gothas Oberbürgermeister Knut Kreuch.
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Der Sozialdemokrat amtiert seit 2006
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als Stadtoberhaupt.
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