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ie vierte industrielle Revolution
wird allerdings ausgelöst durch
das Internet. Die physische Welt, die uns
umgibt, wird immer enger mit der virtu-
ellen Realität verknüpft. Im „Internet der
Dinge“ können wir uns parallel im Web
und in der realen Welt bewegen. Pro-
dukte, Umgebungen und Veranstaltun-
gen werden in unterschiedlicher Aus-
prägung gleichzeitig physisch und
virtuell erlebt sowie beeinflusst.“
Das sagt einer, der es wissen muss: Prof.
Dr. Dr. h.c. mult. August-Wilhelm Scheer,
ehemaliger Direktor des Instituts für
Wirtschaftsinformatik an der Universität
des Saarlandes in Saarbrücken. Er ist
Alleininhaber und Geschäftsführer der
Scheer Group in Saarbrücken. Darüber
hinaus ist Scheer Herausgeber der
Fachzeitschrift Information Manage-
ment & Consulting. Von 2007 bis 2011
war er Präsident des Bundesverbandes
Bitkom.
der, dass die Forschung in Deutschland
in diesem Bereich ganz vorne ist“, so
Scheer. Maschinenbauer würden sich
wieder stärker mit (Wirtschafts-)Infor-
matikern verbinden und neue indus-
trielle Prozesse erproben. Deutschland
habe hier die Chance, weltweit führend
zu bleiben. Erste Erfolge auf Ebene der
Bundespolitik seien in der Initiative
„Industrie 4.0“angestoßen und würden
hoffentlich langfristig angedacht.
Die vierte industrielle Revolution ist
nach Scheers Worten mit weitreichen-
den organisatorischen Konsequenzen
verbunden. Anhand von fünf so genann-
ten Regelbrüchen erläutert Scheer, wie
grundlegend der Wandel sein wird. Spä-
testens damit wird deutlich, dass es sich
wirklich um eine Revolution handelt.
„Anstelle starrer Zuordnung von Pro-
duktionsanlagen zu Produkten werden
flexible Rekonfigurationsmöglichkeiten
Aus dem Zusammenspiel von Internet und Dingen
entstehen spannende neue Produktwelten und Ge-
schäftsmodelle, schreibt Scheer im Vorwort des Bu-
ches „Industrie 4.0 – Wie sehen Produktionsprozesse
im Jahr 2020 aus?“. In der Konsequenz dessen müssten
auch die Produktions- und Fertigungsprozesse neu ge-
dacht werden.„Wir beobachten immer öfter, wie durch
flexible Fertigungsprozesse Produkte entstehen, die
so smart sind, dass sie erst im Prozess der Nutzung
vom Endanwender ihre endgültige Ausprägung be-
kommen“, so Scheer. Software verbinde dynamisch un-
terschiedliche Dienstleistungen und Rohwaren meh-
rerer Unternehmen, die Produkte passten sich in
Echtzeit an aktuelle Bedarfe und ihre Nutzer an. So
könnten individualisierte Massenprodukte über das
Internet angeboten werden, deren Fertigung zwar
standardisiert sei, die in ihrer konkreten Ausarbeitung
aber als Unikate angesehen werden könnten.
Diese Revolution betrifft Deutschland im Besonderen,
ist Scheer überzeugt, denn hier sei der Maschinenbau
stark, hier würden Premiumprodukte wie in keinem
anderen Land der Welt geschaffen und hier sei Soft-
ware inzwischen Innovationstreiber Nr. 1. „Kein Wun-
Die vierte industrielle
Revolution steht vor der Tür
Stehen wir jetzt vor der vierten industriellen Revolution? Glaubt man den digitalen Vordenkern, dann ist sie bereits in vollem
Gange. Die drei industriellen Revolutionen der Vergangenheit wurden von technischen Innovationen ausgelöst. Sowohl die
Erfindung der Dampfmaschine um 1800, die Entdeckung der Elektrizität und die Einführung der Fließbandproduktion um 1900
als auch der Einzug der (Personal-)Computer in Unternehmen in den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts haben zu neuen
Fertigungsmöglichkeiten und damit zur Schaffung neuer Produkte geführt.